Seit vielen Jahren, versuchen wir unseren Jahresurlaub gemeinsam mit Ralph Friede nebst Frau Tanja, zu verbringen. Die Zwei sind einfach klasse und wir liegen auf einer Wellenlänge, sodass es noch nie zu irgendwelchen Streitereien darüber, welchen Ausflug wir denn heute machen, gekommen ist. Leider liess sich das aus beruflichen Gründen in den letzten Jahren nicht immer koordinieren. Vor einigen Jahren haben die Beiden dann auch noch Nachwuchs bekommen. Nunja, Mika ist jetzt in einem Alter, in dem der Junge ordentlich ans Hobby heran geführt werden muss. Die Flotte braucht Nachwuchs. Umso irritierter war ich, als ich Bilder von Ralph und Mika sah, die den Jungen beim spielen mit einem ÜBERWASSERSCHIFF zeigen. Sowas geht ja garnicht, ich war schwer enttäuscht. Abhilfe musste her. In diesem Jahr sollten wir wieder einen gemeinsamen Urlaub verbringen und so reifte in mir ein perfider Plan, den Jungen durch geschickte Ablenkung auf die richtige Seite der Macht zu ziehen. Nur, welches Boot sollte es sein? Es sollte schnell zu bauen, nicht allzu teuer und durch tatkräftige Mitarbeit von Mika zu bewerkstelligen sein. Da kommt nur eine Spook infrage! Wer es nicht kennt, das ist ein U-Boot komplett aus Balsaholz mit einfachster Technik. Sehr preisgünstig und schnell zu bauen. Die originalen Pläne waren einmal in einer Modellwerft von 11/2001, der Konstrukteur heisst Glynn Guest. Leider darf ich die hier aus Copyright Gründen nicht veröffentlichen, aber die sind beim Verlag noch zu bekommen.
Als Erstes habe ich mir die Pläne besorgt. Glücklicherweise konnte ein guter Freund damit leihweise aushelfen. Da es ja kaum noch ohne CAD geht wurden die Pläne ins CAD geladen auf passende Größe skaliert und die Maße abgenommen. Keine Angst, das war auch schon alles an CAD und fräsen (bis auf 2 Kleinigkeiten). Mika sollte ja auch noch was zu tun haben.

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Nachdem die Maße abgenommen waren konnte Balsaholz bestellt werden. Früher wäre ich in einen der drei! Modellbauläden in unserem Kaff gegangen, heute sind da 1 Euro Laden, Fitnesstudio und ne Versicherung drin. Also ab ins Internet und Anbieter gesucht. War nicht ganz einfach einen Laden zu finden, der alles hatte ohne jetzt zehn Mal Porto zahlen zu müssen. Parallel dazu wurde in Chinesien Kleinkram wie Scharniere, Anlenkwinkel und anderes Zeugs bestellt. Erstaunlicherweise war das auch sehr schnell da. Irgendwann kam dann auch das Balsaholz. Dieses wurde jeweils erst einmal auf passende Längen markiert, für das schneiden wollte Ralph eine Dekupiersäge mit nach Holland schleppen. Das Holz habe ich dann noch als kleine Vorbereitung in den passenden Grössen angezeichnet sodass später "nur" noch geschnitten werden musste.
Irgendwann kam dann auch der Tag der Tage. 3 Wochen Urlaub in Holland, hossa! Ralph kam mit Frau und Sohn einen Tag später an und kurz darauf begann der Bau der beiden Spooks.

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Leider verliess Mika sehr kurz nach Baubeginn die Lust am Bau. War aber nicht schlimm, er hatte (erwartungsgemäss) auf dem Campingplatz schnell Freunde gefunden, und das ist wichtiger als Boote bauen. Somit blieb die Arbeit an Ralph und mir hängen. Beim sägen des Holzes zeigte sich, dass genug Material für ein drittes Boot da war. Zwar knapp, aber es reichte. Ich habe daraufhin beschlossen, direkt zwei Spooks zu bauen.

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Ralph hatte wasserfesten Holzleim besorgt mit dem wir die Boote zusammen gebaut haben. Zugegeben, wir hätten etwas mehr auf die Pläne schauen sollen. Das hätte einiges an Arbeit erspart, aber es hat auch so geklappt. Einige Teile für die Boote habe ich vor Ort mit dem 3D Drucker hergestellt. Wie, nehmt ihr keinen 3D Drucker mit in den Urlaub??? 3D gedruckt habe ich z.B. die Halterungen für den Deckel, die Abdichtung des Stevenrohres und die "Verschlussschraube".

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Letztere getarnt als überdimensionalen Deckel vom Einstiegsluk. Auf diese Weise konnten wir vor Ort Teile herstellen, die man sonst nicht so einfach auf nem Campingplatz hätte machen können. So beschäftigt vergingen die Tage. Zwischendurch musste ich kurz für 2 Tage mit Frau nach Hause fahren. Diese Zeit habe ich genutzt, die vergessenen Teile wie Kupplungsschlauch, Anlenkstangen und anderen Kleinkram mitzunehmen. Wieder zurück in Holland wurde direkt weiter an den Booten gearbeitet. Ralph hatte seinem Boot einen Turm im 206er Stil verpasst. Alles aus Balsaholz aus der Hand geformt mit ein wenig Schleifpapier und Geduld. Ich habe noch nie auf diese Art irgendetwas gebaut, Holz war nie mein Werkstoff. Umso interessanter war es zu sehen, wie da peu a peu drei Boote immer weiter fertig gestellt wurden. Gegen Ende des Urlaubs, der natürlich auch für andere Aktivitäten genutzt wurde, stellte sich heraus, dass Ralph mit seinem Boot weiter war als ich. Er hatte die Ruder und die Anlenkungen bereits drin, während ich hinterher hinkte. War aber auch gut so, immerhin sollte das Boot ja für Mika sein und meins quasi nur als Nebenprojekt dienen.


Monate vergingen...
Anfang 2020 fanden für mich und Ralph zum ersten Mal die Lipper Modelbautage statt. Matthias Hinske hatte schon Monate zuvor geladen und ich hatte freudig zugesagt. Ralph hatte ich davon berichtet und er hatte ebenfalls mal wieder grosse Lust eine Messe mitzumachen. Umso erfreuter war ich als ich sah, dass Ralph die Spook dabei hatte. Und nicht nur als Ausstellungsstück, sondern fast fertig zur Jungfernfahrt. Ein paar Elektronikteile fehlten noch die er sich schnell auf der Messe besorgte und Ballast musste auch noch ins Boot.

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Da dafür aber absolut kein Platz mehr vorhanden war musste es kurzerhand mit ein paar Streifen Klebeband unterhalb des Bootes befestigt werden. Die Spook ist ein dynamisch tauchendes Boot, hier kam es also nicht aufs Gramm an. Nach einer aufwändigen, und mehrsekündigen Austrimmprozedur konnte die Spook zum ersten Mal gefahren werden. Danach war es schwierig, das Grinsen von Ralphs Gesicht zu bekommen. Die ganzen drei Tage ist er mit dem Boot gefahren. Und wie es gefahren ist, von Anfang an wie mit der Schnur gezogen. Wasser war nur ganz wenig drin, vermutlich irgendwo eine kleine Undichtigkeit am Deckel.
Ralph hatte also die Zeit bis zur Messe gut genutzt um das Boot fertig zu bekommen. Die Anlenkungen hatte er mit Hilfe von Schrumpfschlauch abgedichtet, die bis dato beste Methode um 1mm Edelstahldrähte abzudichten. Mit ein bisschen Fett vorher auf den Draht geschmiert ergibt das eine prima Abdichtung. Preiswert und schnell dazu. Im Falle des Falles kann man die Dichtung schnell erneuern oder mit einem Feuerzeug "nachstellen". Als Deckeldichtung hatte ich 3mm Moosgummischnur besorgt die auf den Runpf geklebt wurde. Um den Rumpf vor Feuchtigkeit zu schützen hatte Ralph den Balsarumpf mit Aceton verdünntem Epoxy eingestrichen. Nach dem ersten Auftrag stellten sich die Fasern des Balsholzes auf sodass die erstmal wieder mit Schleifpapier in Form gekämmt werden mussten. Danach gabs einen zweiten Gang Epoxy, auf Farbe wurde vorerst verzichtet. Die Elektronik selbst war äusserst unspektakulär, bis auf den Lageregler und Brushlessregler alles zusammengefegte Reste vom Boden der Werkstatt. Ein alter NiCad Akku ein paar Miniservos und ein einfacher Empfänger vervollständigten den Spaß.

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Alles in Allem ein schnuckliges Boot, auch wenn man jetzt bei dem Gedanken an Balsaholz schmunzelt und auf die GFK armierte Flotte schaut. Ralph und mir hats auf jeden Fall Spaß gemacht. Wobei, Halt, meins ist ja noch garnicht fertig... Ich bin dann mal weg, Spook bauen!

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